Rechtsvorschriften zu Medizinprodukten: wenn aus richtungsweisend verbindlich wird

Im Hinblick auf die Rechtsvorschriften zu Medizinprodukten befinden wir uns bis zum 26. Mai in einer Übergangsphase, dann wird die bisher geltende Medizinprodukterichtlinie (MDD) von der 2017 neu veröffentlichten Medizinprodukteverordnung (MDR) abgelöst. Aber warum ist diese geänderte Form des Rechtsaktes wichtig?

Alles hat ein Ende … auch die aufgrund einer Pandemie gewährte Gnadenfrist

Wenn aus richtungsweisend verbindlich wird

Im Hinblick auf die Rechtsvorschriften zu Medizinprodukten befinden wir uns bis zum 26. Mai in einer Übergangsphase, dann wird die bisher geltende Medizinprodukterichtlinie (MDD) von der 2017 neu veröffentlichten Medizinprodukteverordnung (MDR) abgelöst. Aber warum ist diese geänderte Form des Rechtsaktes wichtig?

Es geht vor allem darum, dass die neue Verordnung viel verbindlicher ist. In einer Richtlinie gibt die EU nur ein Ziel vor, das den einzelnen Ländern in der Umsetzung viel Spielraum lässt. Die neu erlassene Verordnung ist jedoch ein verbindlicher Rechtsakt, den alle Länder auf gleiche Art erfüllen müssen. So sind die Vorschriften viel einheitlicher geregelt und Diskrepanzen in der Interpretation können besser vermieden werden.

Was ändert sich genau?

Die meisten Vorgaben der MDD-Richtlinie bleiben auch in der neuen MDR-Verordnung erhalten und wurden zusätzlich durch neue erweitert. Medizinische Software rückt mehr in den Fokus und viele Software-Produkte müssen nun strengere Auflagen erfüllen, da sie einer höheren als Klasse I zugeordnet wurden.

Neue Klassifizierung von Produkten

Medizinprodukte werden in aufsteigende Risikoklassen eingeteilt und mit der neuen MDR-Verordnung gelten neue Risikoklassifizierungsregeln, die von bislang 18 (MDD) auf 22 (MDR) erweitert wurden. Das Risiko von Medizinprodukten orientiert sich an der Verletzlichkeit des menschlichen Körpers durch das Produkt, welche anhand von Anwendungsort und -dauer bestimmt wird. Je invasiver das Produkt und je länger die Anwendungsdauer, desto höher ist seine Risikoklasse und desto aufwendiger ist das nötige Konformitätsbewertungsverfahren, um das Produkt auf den Markt zu bringen.

In der EU sind Medizinprodukte in die vier Hauptklassen I, IIa, IIb und III unterteilt:

Klasse I

Geringes Risiko und nicht-invasiv wie Lesebrillen, Rollstühle oder Verbandsmaterial. Es gibt drei Unterklassen: Im (Produkte mit Messfunktion) wie Stethoskope, Waagen und Thermometer, Is (Produkte, die steril auf den Markt kommen) zum Beispiel Schutzausrüstungen und neu in der MDR Ir (Produkte, die wiederverwendet oder wiederaufbereitet werden) wie chirurgische Instrumente.

Klasse IIa

Mittleres Risiko, invasiv oder nicht-invasiv, kurzzeitige Anwendung wie Einwegspritzen, Hörgeräte, Ultraschall-Diagnosegeräte.

Klasse IIb

Erhöhtes Risiko, implantierbar und/oder invasiv zur langzeitigen Anwendung wie Beatmungsgeräte, Infusionspumpen, Defibrillatoren.

Klasse III

Hohes Risiko, implantierbar und/oder hochinvasiv zur langzeitigen Anwendung wie zum Beispiel künstliche Gelenke, Brust-, Zahn- und andere Implantate.

MDR stellt höhere Anforderungen an Benannte Stellen

Auch das Konformitätsbewertungsverfahren ändert sich je nach Klasse. Damit wird geprüft, ob das Medizinprodukt den europäischen Richtlinien entspricht:
Ist es sicher in der Anwendung?
Bringt es die Leistung, die es vorgibt?
Da dies durch klinische Studien bewertet und belegt werden muss, sind mit der neuen MDR auch die Anforderungen an die Prüfstellen erheblich gestiegen, vor allem im Hinblick auf klinische Kompetenz.

Bei Produkten der Klasse I, die nicht zu den oben genannten Unterklassen gehören, wird es den Herstellern überlassen, dies durch ein eigenes Qualitätsmanagementsystem sicherzustellen. Bei den anderen Klassen muss das Produkt von einer der „Benannten Stellen” („Notified Bodies“), einer staatlich überwachten Prüfstelle, freigegeben werden. Das gilt auch für die drei Unterklassen von Klasse I: Im, Is und Ir.

Die Neuen: UDI und EUDAMED

Als eine weitere Neuerung führt die MDR-Verordnung ein System zur eindeutigen Produktkennzeichnung ein, UDI (Unique Device Identification) genannt. Ziel ist es, anhand dieser Nummer die Identifizierung und Rückverfolgbarkeit von medizinischen Produkten zu verbessern. So kann etwa der Rückruf eines Produkts, bei dem ein Sicherheitsrisiko festgestellt wurde, schneller erfolgen.

Alle UDI-bezogenen Daten müssen von den Herstellern in die neue Europäische Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) eingegeben werden. Diese beinhaltet die UDI-Datenbank. Hersteller sind verpflichtet, die Informationen auf EUDAMED stets aktuell zu halten. Bis wann die einzelnen Produkte eine UDI haben müssen, hängt von ihrer Klassifizierung ab – je höher die Risikoklasse, desto früher: Klasse III und implantierbare Produkte bis 26. Mai 2021, Klasse IIa und IIb bis 26. Mai 2023 und Klasse I bis 26. Mai 2025.

Was bedeutet die neue MDR für die Technische Dokumentation?

Die Technische Dokumentation ist die Grundlage für die CE-Kennzeichnung und für die Konformitätsbewertung und muss während des kompletten Lebenszyklus eines Produkts auf dem neuesten Stand gehalten werden. Wenn man bedenkt, dass der Lebenszyklus eines Produkts von der Entwicklung und Prüfung über die behördliche Zulassung, Produkteinführung und Vermarktung bis hin zur Überwachung nach der Markteinführung aus unzähligen Phasen besteht, die eng mit den neuen Klassifizierungen und Anforderungen der MDR verknüpft sind, wird die Erstellung einer MDR-konformen Dokumentation zur Mammutaufgabe. Und damit ist nicht nur das Volumen gemeint, denn vor allem in den Phasen rund um die behördliche Zulassung müssen IFUs, Produktetiketten, UDI & Co. meist auch in anderen Sprachen zur Verfügung stehen.

Worauf warten wir noch?

Die Gnadenfrist läuft ab. Wer bislang davon ausgegangen ist, dass sich das Inkrafttreten der kompletten MDR nun um ein Jahr verschiebt, der irrt. Genau genommen wird der Zeitraum des Inkrafttretens mit all seinen Detaildaten nur um ein Jahr gekürzt – und das zu Beginn. Folglich können zwar alle, die im Zeitraum des 26. Mai 2020 bis 26. Mai 2021 bereits eine Konformitätsbewertung nach MDR durchlaufen müssten, dafür aber noch nicht bereit wären, durchatmen. Jedoch werden nicht alle Übergangsfristen und Ablaufdaten auch um ein Jahr nach hinten verschoben, sondern bleiben mit den bekannten Daten stehen. Im schlimmsten Fall bedeutet dies, dass noch mehr Hersteller in noch kürzerer Zeit eine Zertifizierung erlangen müssen.

Für uns als erfahrene Sprachdienstleister liegt die Erstellung einer technischen Dokumentation, die den Anforderungen der neuen MDR entspricht, auf unserem Spezialgebiet.

Wir stehen Ihnen gerne zur Seite und unterstützen Sie mit medizintechnischen Übersetzungen nach ISO 17100 in über 50 Sprachen, Software- und landesspezifischer Lokalisierung, fach- und firmenspezifischer Terminologie oder DTP- und Fremdsprachensatz.

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