“Name ist Schall und Rauch”, schrieb Goethe einst in seinem Meisterwerk Faust I. Doch stimmt das wirklich? Wenn es um Markennamen oder Produktnamen geht, die die internationale Bühne betreten sollen, dann sollte man diese sprichwörtliche Redensart nicht allzu wörtlich nehmen und stattdessen eine gründliche Recherche durchführen. Andernfalls läuft man schnell Gefahr, ungewollt einen groben Schnitzer zu begehen. Grade heutzutage, in einer supervernetzen Welt, entkommen Marken- bzw. Produktnamensmissgeschicke niemandem und bleiben in den Köpfen der Konsumenten. Mit etwas Glück schafft man höchstens den Einzug in die Marketinglehrbücher als negatives Paradebeispiel in Kapiteln wie „Dinge, die man bei der Namensfindung eines neuen Produktes vermeiden sollte“. Doch es geht auch ohne Drama. Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Fragen Sie beantworten müssen, damit Ihr Produktname niemanden in irgendeiner Sprache oder irgendeinem Land verletzt oder generell durch unangenehme Polemik auffällt.
Die Beantwortung bestimmter Fragen hilft bei der Namenssuche
Sie haben das Produkt bis aufs Detail ausgefeilt, eine SWOT-Analyse sorgfältig durchgeführt, aber die Namensgebung bereitet Ihnen noch Kopfzerbrechen. Ob man ein existierendes Wort in der Originalsprache benutzt oder eine vermeintliche Wortneuschöpfung, die sich im Nachhinein als vorhandenes Wort in einer anderen Sprache herausstellt: Sie sollten in diesem Hinblick die gleichen wichtigen Fragen beantworten können wie für das Produkt selbst:
- In welchen Ländern bzw. in welchen Sprachen soll mein Produkt vermarktet werden?
- Gibt es regionale Einfärbungen, bzw. weit verbreitete Dialekte, die man berücksichtigen sollte?
- Wer ist meine Zielgruppe? (Alter, Geschlechtsidentität, sexuelle Vorlieben, Bildungsstand, etc.)
- Gibt es ähnlich klingende Marken/Produkte bereits in anderen Sprachen?
- Kann man gut mit dem Namen in anderen Sprachen „spielen“, die im Nachhinein das Marketing erleichtern?
- Sind die Assoziationen leicht negativ, sodass die Markteinführung des Produktes zu riskant wäre?
- Könnte man sonst durch einen triftigen Beweggrund dem existierendem Wort neue bzw. umgewandelte Assoziationen beimessen?
Die wichtigsten Faktoren bei der Namensermittlung
Beachten sollte man bei der Namenssuche die Aussprache (Klang, Transkription, Leichtigkeit/Schwere), Rechtschreibung, kulturelle Eigenheiten (Tabus, Aberglauben), juristische Grenzen (Fall Cocaine), Konnotationen, Doppeldeutigkeiten, Assoziationen (Religion, Sex, Krieg, Geschichte, Diskriminierung, etc.), Wiederkennungs- und Erinnerungswert, und in weiteren Schritten Farben, Nummern und Symbole. Zu jedem dieser Punkte gibt es weltweite Beispiele, bei denen einer dieser Faktoren nicht beachtet wurde und nur der Rückzug der Marke bzw. des Produktes zur Option stand.
Pharmakonzerne unterliegen vor allem strikten Vorgaben, die die Benennung von Medikamenten in ein heikles Thema verwandelt, um Verwechslungen mit ähnlich klingenden Medikamenten zu vermeiden und den strengen Markenprozess für internationale Marken in Klasse 5 durchlaufen zu können.
Das Herkunftsland des Produktes bestimmt zum Teil die Wahrnehmung
Während bei „Volkswagen – das Auto“ zum Beispiel weder der Markenname, noch der Claim übersetzt wurde, sieht es bei der Suchmaschine Bing im Chinesischen anders aus. Da das gleichklingende Wort „bìng“ (病) mit „Erkrankung“ in Verbindung gebracht werden kann, wurde sich für die phonetisch wenig abweichende Variante „bì yìng” ( 必应) entschieden, was mit „wird antworten“ übersetzt werden kann. Es stimmt aber auch, dass ausländische Namen manchmal einen Herkunftsbonus besitzen. Weil Volkswagen aus Deutschland kommt, das wiederum weltweit eine relativ gute Reputation in der Automobilbranche hat, wird diese Marke allein wegen seines Ursprungs „inthronisiert”. Ähnlich verhält es sich mit Luxusartikeln aus Italien oder Käse und Wein aus Frankreich.
Was es mit dem Positivitätsprinzip bei Markennamen auf sich hat
Zu dem Herkunftslandprestige kommt noch das Positivitätsprinzip. Es besagt, dass Menschen einen Markennamen in der Regel allein wegen der öffentlichen Präsenz auf Schildern oder Verpackungen als positiv wahrzunehmen haben. Die im Englischen dubios klingenden Brands The Motley Fool (“der bunte Dummkopf”), Yelp (“Schrei”/Gejaule”), Dirty Potato Chips (“dreckige Kartoffelchips”), Alibaba oder Bazooka Gum oder im wahrsten Sinne des Wortes Firmen mit dem Namen Böse wären Beispiele dafür. Positive und relevante Hintergedanken, die von boshaften Bezeichnungen ablenken, stehen hier im Vordergrund. Oder wie Anthony Shore, ein US-amerikanischer Namensexperte, einst prägte: „Das größte Risiko für ein Unternehmen ist nicht unbedingt die Verwendung eines potenziell anstößigen Namens, sondern die Verwerfung eines wahrhaft tollen Namens“.
Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen. Welcher englische Muttersprachler möchte denn unvoreingenommen ein japanisches Getränk namens Calpis probieren, das dem englischen Wort für Rinderurin ähnelt? Aus diesem Grund wird das Getränk unter der Marke Calpico® vermarktet. Wenn es kein Lebensmittel wäre, würde diese negative Assoziation vielleicht gar nicht auffallen.
Diese Unternehmen haben es genau richtig gemacht
Wussten Sie, dass die Firma Anderson Consulting eine ausgiebige Namensuntersuchung vorgenommen hat, um den Namen Accenture risikofrei tragen zu können? Die Untersuchung dauerte 80 Tage und wurde in insgesamt 60 Sprachen und 50 Ländern durchgeführt. Immerhin trägt das Unternehmen den Namen nun seit dem Jahr 2000. Der Aufwand scheint sich gelohnt zu haben. Oder dass der Internetgigant Amazon zuerst Cadabra heißen sollte? In den Anfängen des Internets wurden die Unternehmen alphabetisch im Internet gelistet. Mit dem Buchstaben A erschienen sie weiter oben und als nette Begleiterscheinung sind sie nun Namensträger des wasserreichsten Flusses der Welt ist (zumindest im Englischen). Sie vermieden dadurch aber auch, dass das Unternehmen nicht mit dem Wort “Cadaver” verwechselt wurde.
Lokalisierungsmalheur oder Marketingdesaster?
Doch nicht alle ausgewählten Marken- bzw. Produktnamen tragen einen Heiligenschein über dem Wort. HSBC hat saftige 10 Mio. US-Dollar in ein Rebranding stecken müssen, nachdem der Werbeslogan „Assume nothing“ in einigen Ländern in „Do nothing“ in die entsprechende Sprache umgedichtet wurde. Obwohl Werbesprüche zu den Marken- bzw. Produktnamen ein Kapitel für sich eröffnen würden, sollte der Umgang mit richtiger Lokalisierung hier Erwähnung finden. Denn Marken- bzw. Produktnamen beeinflussen auch meist die Marketingstrategie. Lieferando zum Beispiel hat es leichter mit seinen Produkten zu werben, da es mit so vielen Wörtern spielen kann, wie es Essen gibt. Erinnern Sie sich an die grandiosen Werbeslogans „Isch bin dir Farfalle“ oder „Wasabi da nur bestellt?“ Das bekommt keine maschinelle Übersetzung so hin und eins zu eins kann man diese Slogans definitiv nicht in andere Sprachen übersetzen.
Sicherlich ist es nicht voraussehbar, ob man sich nun für einen Namen eines langlebigen Produktes entscheidet, und dieser im Laufe der Zeit mit negativen Assoziationen in Verbindung gebracht wird. So wie es der Fall der Biermarke Corona des belgischen Unternehmens AB InBev nun war. Dieses musste beim Ausbruch der Coronapandemie Umsatzeinbußen verspüren, weil Konsumenten aus Unwissen und Einbildung lieber auf anderes Bier zurückgreifen, welches nicht den Namen eines unheilvollen Virus trägt. Die Wahrnehmung der Öffentlichkeit spielt hierbei also eine große Rolle und bestimmt die Realität des Unternehmens.
Wenn Ihr Produktname zur Referenz wird
Ansonsten sollten Sie sich die Produkteigenschaften zugute machen, um nicht nur durch Kreativität, Recherche und Werbung in aller Munde zu sein, sondern gleichzeitig auch Kultstatus zu erlangen, indem der Markenname mit der Produktbezeichnung verschwimmt, wie es die Marken Kleenex® bzw. Tempo®, Hoover®, Jacuzzi® oder Google® geschafft haben. “Generifizierung” nennt man das im Marketing bzw. Linguistensprech (falls Sie mal mit dem, was Sie grade gelesen haben, angeben möchten). Wenn Identität, Botschaft und die Bezeichnung mit dem gesamten Markenerlebnis zusammenkommen und die interne Logik der Marke diese antreibt, dann kann man durchaus sagen, dass man den richtigen Namen gewählt hat.
Nicht verzagen – Experten fragen
Um aber auf Nummer sicher zu gehen, dass zumindest der Marken-/Produktname für die Zielmärkte geeignet ist, empfehlen wir eine fundierte Überprüfung in der jeweiligen Sprache, die darüber hinausgeht, ob nun eine Übersetzungsmaschine das Wort aus einer anderen Sprache erkannt hat und es nichts „Gravierendes“ bedeutet. Selbst eine einfache Muttersprachlerin bzw. Ein einfacher Muttersprachler reicht manchmal nicht aus, um sie/ihn um Stellungnahme zu bitten, ob es das Wort in der Sprache gibt und falls ja, was es bedeutet. Stattdessen sollte ein Linguist/eine Linguistin mit historisch-kulturellem Sachverstand hinzugezogen werden. Ein gewisser Bildungsgrad ist auch wünschenswert, sodass so viele Aspekte wie möglich in den Sinn kommen, die gegen den Namen sprechen könnten. Im Idealfall befragt man 3-5 Experten und Expertinnen unabhängig voneinander nach deren Wahrnehmung, um ein vielfältiges Meinungsspektrum zu erhalten. Idealerweise wohnen sie auch in dem Land, in dem die Marke oder das Produkt vermarktet werden soll, da die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sie das direkte Geschehen und was die Menschen in der Gesellschaft bewegt, am ehesten mitbekommen.
Und nun?
Lassen Sie es also nicht drauf ankommen. Denken Sie global, nicht nur lokal. Darum lohnt es sich immer ein professionelles Team zu konsultieren. Wir haben langjährige Erfahrung in dem Bereich und konnten so manche Namen durch unseren Service kritisch analysieren und zwischen diversen Begrifflichkeiten den geeignetsten Namen ermitteln. So konnten wir verhindern, dass unsere Kunden in ein paar Jahren einen teuren und aufwändigen Rebranding-Prozess durchlaufen mussten.
Für einen Quick Name Check, der in der Regel in wenigen Tagen erledigt ist, oder einen umfassenden Brand/Product Name Check. Wir und unser Expertenteam unterstützen Sie gerne dabei, Ihre Firma bzw. Ihr Produkt international wettbewerbsfähig zu machen.
Die Namensprüfung für eine Marke oder ein Produkt ist eine äußerst nützliche Vorkehrung, wenn man in mehreren Sprachen und unterschiedlichen Kulturen vertreten sein möchte.