Unser jährlicher Rückblick auf die meistdiskutierten Wörter und Begriffe des Jahres
Es ist wieder so weit! Die Zeit ist gekommen, in der sich Wortschöpfer und Sprachliebhaber über neue Ergänzungen unseres kollektiven Wortschatzes leidenschaftlich austauschen dürfen.
Ja, es ist die Zeit der „Wörter des Jahres“, in der Herausgeber von Wörterbüchern und Autoritäten auf dem Gebiet der Sprache bekannt geben, welche Wörter ihre Listen der beliebtesten und relevantesten Begriffe der letzten 12 Monate anführen. Laut Oxford Languages haben diese Wörter im betreffenden Jahr eine „große Resonanz“ erfahren.
Schauen wir uns die diesjährigen Gewinner genauer an.
Englische Wörter des Jahres 2024
Oxford Languages entschied sich für „Brainrot“. Der auch im Deutschen verwendete Begriff beschreibt die Auswirkungen endlosen Online-Scrollens auf unsere kognitiven Fähigkeiten. Dabei ist der Begriff nicht neu, sondern geht bereits auf das Jahr 1854 zurück. Mit dem Wort beschrieb ein Schriftsteller die allgemeine Apathie gegenüber „komplexen Ideen“ zu jener Zeit. Bei der jüngsten Verwendung geht es jedoch ganz klar um unsere Schwierigkeiten, uns von sozialen Medien und unserem endlosen Konsum banaler Online-Inhalte zu lösen.
In ähnlicher Weise wählte das australische Macquarie Dictionary „Enshittification“ zum Wort des Jahres. Der Begriff bezieht sich auf die Verschlechterung eines Dienstes, insbesondere online. Trends auf TikTok beeinflussten den „kometenhaften Aufstieg“ des Wortes „Demure“, das laut Dictionary.com die Top-Wahl 2024 ist. Und auch die Verwendung von „Manifestieren“ wurde zunächst über die sozialen Medien verbreitet und jetzt vom Cambridge Dictionary zum Wort des Jahres gekürt. Die Popularität des Wortes „Brat“ (gewählt vom Collins Dictionary) geht ebenfalls auf TikTok und das Video der Sängerin Charlie xcx zurück, in dem sie den Begriff erklärt.
Wir beschäftigen uns stark mit unserer Beziehung zur Technologie, wie die diesjährige Auswahl klar zeigt. Dabei können wir uns immer wieder neu auf diesen sich schnell verändernden Teil unseres Lebens einstellen. Unsere Sprache wird heute in erheblichem Maße vom Internet geprägt. Die dort verwendeten Wörter gelangen schließlich, in der Regel über die jüngeren Generationen, in den allgemeinen Sprachgebrauch.
Ein bekanntes Wörterbuch, das nicht das Thema soziale Medien/Technologie in den Mittelpunkt stellte, ist Merriam Webster. Dort war man der Auffassung, dass „Polarisierung“ die Ereignisse der letzten Monate am treffendsten zusammenfasste. In Anbetracht der jüngsten Wahlergebnisse in den USA und der politischen Spaltungen in anderen Ländern kann man dem kaum widersprechen.
Wörter des Jahres in anderen Sprachen
Nicht nur in der englischsprachigen Gemeinschaft sind die Wörter des Jahres populär, auch andere Nationen und Sprachen haben diesen beliebten Trend übernommen.
Die Gesellschaft für deutsche Sprache wählt seit 1971 ihr Wort des Jahres und hat sich in diesem Jahr auf „Ampel-Aus“ geeinigt. Dieser Begriff bezieht sich auf die jüngsten politischen Ereignisse in Deutschland, insbesondere das Scheitern der sogenannten Ampelkoalition.
Die Auswirkungen globaler Social-Media-Trends haben auch die Wahl des Jugendworts des Jahres in Deutschland beeinflusst. „Aura“ wurde von der Altersgruppe der 11- bis 20-Jährigen zum Wort des Jahres gewählt. Es beschreibt eine Person, die cool ist und durch positives Verhalten „Aurapunkte“ gesammelt hat.
In Japan wurde gerade das Kanji des Jahres von der Japan Kanji Aptitude Testing Foundation im Rahmen der jährlichen Zeremonie im Kiyomizu-dera-Tempel in Kyoto bekannt gegeben. Das in diesem Jahr von der Bevölkerung gewählte Kanji bedeutet so viel wie „Gold“ oder „Geld“. Es bezieht sich dabei sowohl auf Japans Goldmedaillengewinner bei den Olympischen Sommerspielen als auch den Korruptionsskandal 2024.
In den französischsprachigen Ländern spielen die Wörter des Jahres keine so große Rolle. Der französische Fernsehsender TV5 Monde hat in diesem Jahr erstmals zur Wahl des Worts des Jahres aufgerufen und die Ergebnisse sind noch nicht bekannt. In Kanada gibt das Amt für die französische Sprache in Québec jährlich eine Liste von zwölf Begriffen heraus. In diesem Jahr belegen „surtourisme“, „escalotage“ und „usurpation de voix“ die vorderen Ränge.
Linguisten kennen den Wandel der Sprache
Die Aufnahme in die engere Wahl für diese „Auszeichnungen“ ist wichtig und oft ein Sprungbrett für Wörter, um eine breitere Verwendung zu finden und in die Wörterbücher aufgenommen zu werden.
Die „Wörter des Jahres“ zeigen uns dabei, welche Faktoren unsere Sprache prägen. Wo einst große Schriftsteller wie Shakespeare oder Milton neue englische Begriffe schufen, haben heutzutage Social-Media-Influencer ihren Platz eingenommen. Sprache unterliegt ständiger Veränderung, und es werden immer wieder neue Wörter kreiert, aus anderen Sprachen entlehnt oder nicht mehr verwendet. Die digitale Welt ist heute jedoch eine nicht mehr wegzudenkende Inspirationsquelle. Unter den Tausenden von neuen Wörtern, die jedes Jahr auftauchen, ist es die Aufgabe der Lexikographen – also der Menschen, die Wörterbücher überarbeiten und herausgeben, – zu entscheiden, welche Wörter so präsent sind, dass sie aufgenommen werden können.
Ebenso wichtig ist es für Übersetzer und Dolmetscher, die neuesten Trends in der Sprache zu kennen. Je nach Fachgebiet müssen sie sich aktiv über neue Ereignisse und Entwicklungen und die damit verbundenen Wörter und deren Verwendung informieren. Linguisten hören nie auf, Sprachen zu studieren. Sie müssen wissen, wie sich Sprachen verändern, um ihre Arbeit gut zu machen.
Wenn es darum geht, Inhalte für neue Märkte zu übersetzen und dafür zu sorgen, dass sie auch in neuen Kulturen Anklang finden, muss man wissen, wie Sprache funktioniert und wie sie sich weiterentwickelt. Bei der Lokalisierung – dem Prozess der Anpassung von Inhalten an eine bestimmte Region – geht es im Prinzip darum, die für den jeweiligen Kontext am besten geeigneten Übersetzungen zu finden. Die Verwendung veralteter Wörter und Begriffe würde dem entgegenstehen.
Auch wenn sie in der Regel nicht als solche wahrgenommen werden, sind Übersetzer und die Sprachdienstleister, die sie beschäftigen, nicht nur Experten auf dem Gebiet der Sprache, sondern auch Kenner der jeweiligen Kultur. Sie können global expandierenden Unternehmen wertvolle Ratschläge geben.
Wie spricht man das aus?
Ein interessanter Aspekt bei der Prägung neuer Wörter ist die Aussprache. Glücklicherweise ist das Internet heute ein fantastischer Ort, um zu erfahren, wie man die neuesten Wörter und Begriffe richtig ausspricht (danke Google). Das bedeutet aber auch, dass Fehler vielleicht weniger verziehen werden. Es gibt keine Entschuldigung mehr dafür, die Namen von Personen des öffentlichen Lebens falsch auszusprechen. Es gibt sogar Online-Kampagnen, in denen Menschen ihren Namen und seine korrekte Aussprache teilen.
In diesem Jahr hat die Liste der am häufigsten falsch ausgesprochenen Wörter des Jahres 2024 viel Aufmerksamkeit erregt. Die Liste ist, gelinde gesagt, vielfältig und umfasst einen Bekleidungshersteller, ein olympisches Maskottchen und mehrere bekannte Persönlichkeiten, darunter Kamala Harris und Barry Keoghan.
Bei der Arbeit mit dem gesprochenen Wort dürfen sich Dolmetscher nicht von Schwierigkeiten bei der Aussprache beirren lassen. Die korrekte Aussprache ist Teil ihrer Kompetenzen und eines ihrer vielen Talente. Daher verfolgen Dolmetscher die Tabellen mit Aussprachefehlern zweifellos mit großem Interesse.
Sprache verbindet uns
Das Gespräch über die Wörter, die im letzten Jahr am meisten Aufsehen erregt haben oder am häufigsten falsch ausgesprochen wurden, zeigt, dass Sprache und ihre Verwendung uns alle betrifft und interessiert.
Die „Wörter des Jahres“ sind nicht nur eine Momentaufnahme der Stimmung der letzten 12 Monate, sondern auch ein Hinweis darauf, in welche Richtung sich unsere Sprache entwickelt. Professionelle Übersetzer und Dolmetscher beschäftigen sich immer auch mit diesen Themen.
Auch wenn dies vielleicht oberflächlich betrachtet frivol erscheinen mag, zeigt sich bei näherer Betrachtung die Bedeutung der Sprache für unser Leben. Die Wörter, die wir verwenden, und wie wir sie aussprechen, berührt uns alle und es lohnt sich immer, darüber zu sprechen.