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Ein Brexit und seine rechtlichen Folgen
Keine Lieferengpässe bei juristischen Übersetzungen
Nach seinem offiziellen Austritt am 31. Januar 2020 und dem Ablauf einer Übergangsphase Ende 2020 ist England nun seit dem 1. Januar 2021 nicht mehr Teil der europäischen Union. Und die Folgen? Zwar konnte ein „No-Deal-Brexit“ in letzter Minute abgewendet werden, aber hat die Zeit gereicht? Wie gut konnten sich Politik, Unternehmen und die Bevölkerungen auf den finalen Austritt vorbereiten, der, nachdem die Mitgliedsstaaten der EU in den vergangenen Jahrzehnten ihre wirtschaftliche und rechtliche Zusammenarbeit zunehmend intensiviert hatten, vor allem auch die Rechtsbeziehungen im Hinblick auf den britischen Markt betrifft? Wie wirkt sich die Corona-Pandemie die auf die Folgen des Brexits aus? Für viele Unternehmen war die Zeit zu knapp und wir alle konnten ab Mitte Dezember 2020 anhand der langen Lkw-Staus in Dover sehen, dass als eine der weitreichenden Konsequenzen dieses Austritts an den Grenzen Chaos herrscht. Es hätte aber viel schlimmer kommen können, denn noch verdeckt die Corona-Pandemie das ganze Ausmaß der Brexit-Folgen. Echte Lieferengpässe und leere Supermarktregale gab es nicht, da wegen des Lockdowns Gastronomie, Einzelhandel und viele Fabriken zum Teil geschlossen waren und die wirtschaftliche Aktivität in Großbritannien unter dem Normalniveau lag.
Doch wie sieht es generell mit den rechtlichen Konsequenzen für EU-Unternehmen aus, die in Großbritannien tätig sind oder Geschäftsbeziehungen zu britischen Unternehmen unterhalten – und umgekehrt. So viel steht fest: Es gibt zahlreiche Änderungen in vielen Bereichen und damit auch einen erhöhten Bedarf an juristischen Übersetzungen von Dokumenten. Lassen Sie uns nachfolgend einige dieser Rechtsbereiche kurz betrachten.
Gesellschaftsrecht und Zivilrecht
Ab dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich wie jeder andere Drittstaat zu behandeln. Das Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU vom 24. Dezember 2020 trifft dazu keine abweichenden Regelungen. Somit gibt es für die zivilrechtliche Anerkennung einer Gesellschaft britischer Rechtsform mit statutarischem Sitz im Vereinigten Königreich und Verwaltungssitz in Deutschland nach Rechtsprechung des BGH in Deutschland keine zivilrechtliche Grundlage mehr. Ihre Anerkennung unterliegt nun dem nationalen Recht für in Drittländern eingetragene Unternehmen. Insbesondere sind hiervon Firmen in der Rechtsform einer „private company limited by shares“ (Limited) betroffen. Als Folge kam und kommt es vermehrt zu Umfirmierungen, die eine Übersetzungsflut zahlreicher Dokumente wie Urkunden, Handelsregisterauszüge, Geschäftsbedingungen oder Websites nach sich ziehen. Zu diesem Rechtbereich zählen auch:
Handelsabkommen, Zölle, Verträge und Gerichtsstandklauseln
Auch die Unionsvorschriften zur Erleichterung der grenzüberschreitenden Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in der EU und im Vereinigten Königreich finden nun nach dem finalen Brexit keine Anwendung mehr, sodass Verträge und weitere Dokumente womöglich in alle EU- oder auch nichteuropäische Sprachen übersetzt werden müssen. Dasselbe trifft in punkto der Zollformalitäten bei Import/Export in und aus der EU zu, da nach dem Austritt je nach Warenwert zusätzliche Lizenzen, Nachweise oder Zertifikate erforderlich sind. Zu den wichtigsten deutschen Exportgüter nach Großbritannien zählen: Kraftwagen und Kraftwagenteile, Maschinen, Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische sowie chemische Erzeugnisse.
Steuerrecht
In diesem Bereich gilt nach dem Brexit das Außensteuergesetz, welches sicherstellt, dass bei einer Verlagerung von Einkommen oder Vermögen nach Großbritannien zumindest noch für eine gewisse Zeit eine Besteuerung in Deutschland erfolgt. Vor allem im Handel mit Großbritannien gibt es umsatzsteuerliche Änderungen und – wie bereits erwähnt – entfällt der gemeinsame Zolltarif, stattdessen werden die allgemeinen Regel- und Präferenzzollsätze angewandt. Da EU-Bürger in Großbritannien und britische Bürger in der EU künftig wie Drittstaats-Angehörige behandelt werden, bringt der Brexit arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Probleme mit sich, die über bloße Aufenthaltsfragen hinausgehen. Unternehmen, die Mitarbeiter mit EU-Staatsangehörigkeit in Großbritannien bzw. mit britischer Staatsangehörigkeit in Deutschland beschäftigen, müssen sich besonders im Hinblick auf Arbeitnehmerüberlassung und Aufenthaltsrecht von Arbeitnehmern rechtzeitig um die im Juni 2021 ablaufenden Fristen für Genehmigungen kümmern.
Datenschutzrecht
Hier hat der Brexit zur Folge, dass Großbritannien zunächst zu einem sog. unsicheren Drittland wird, in das man personenbezogene Daten nur aufgrund spezieller Rechtsgrundlagen transferieren darf bzw. dortige Geschäftspartner nur in engen Grenzen auf diese Daten in der EU zugreifen dürfen. Entsprechend müssen Unternehmen ihre datenschutzrechtlichen Verträge mit Standardklauseln oder genehmigten Verhaltenskodizes abändern bzw. neue abschließen, um zu vermeiden, dass bisherige Datentransfers plötzlich rechtswidrig werden.
Marken- und Designrecht
Seit dem 24. 12. 2020 müssen die Inhaber von eingetragenen Marken und Geschmacksmustern, deren Schutz sich auf die EU bezieht, nun nicht mehr den Verlust ihrer Rechte im Vereinigten Königreich befürchten. Diese werden automatisch als nationale Rechte weitergeführt. Allerdings kommen auf jeden, der den Schutz dieser abgespaltenen Rechte im Vereinigten Königreich aufrechterhalten möchte, zusätzliche Anforderungen (wie an die Benutzung) und Kosten (etwa für Verlängerungen und in den UK ansässigen Vertretern) zu. Daher wird man sich als Schutzrechtsinhaber zukünftig genau überlegen müssen, wie wichtig der Schutz der eigenen Marken oder Designs im Vereinigten Königreich nach dem Brexit noch ist und ob sich die Weiterführung auf nationaler Ebene lohnt.
Handlungsbedarf besteht für Anmelder, deren Marken bzw. Geschmacksmuster am 31. Dezember 2020 noch nicht endgültig in der EU geschützt sind. Denn diese müssen sich bis 30. September 2021 entscheiden, ob sie ein entsprechendes nationales Schutzrecht unter Beibehaltung der Priorität im Vereinigten Königreich anmelden möchten. Dies sollte gut überlegt sein, da der Schutz in der EU den Schutz im Vereinigten Königreich ausschließt und umgekehrt.
In allen beispielhaft erwähnten Rechtsbereichen fallen Übersetzungen an, die nicht nur formaljuristisch professionell, sondern in den meisten Fällen auch rechtssicher, das heißt beglaubigt sein müssen. Insbesondere trifft das auf die in Folge des Brexits benötigten 1:1-Übersetzungen der nachstehenden Dokumentinhalte zu:
Bescheinigungen, Genehmigungen, Kennzeichnungen oder Etikettierungen
Mit dem vollzogenen Brexit endete am 1. Januar 2021 die Gültigkeit der Genehmigungen, die von britischen Behörden für das Inverkehrbringen von Produkten auf dem Unionsmarkt erteilt wurden. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein Kraftfahrzeug mit einer im Vereinigten Königreich erstellten Typengenehmigung nicht mehr in der EU verkauft werden darf. Dasselbe gilt auch für Produkte, die nach Unionsrecht durch eine „Benannte Stelle“ zertifiziert sein müssen (wie einige Medizinprodukte oder Maschinen), wenn diese Zertifizierung durch eine im Vereinigten Königreich ansässigen Stelle erfolgte. Rechtmäßig mit einer CE-Kennzeichnung versehene Produkte dürfen in Großbritannien weiterhin für einen begrenzten Zeitraum bis 31. Dezember 2021 in Verkehr gebracht werden, sofern EU- und GB-Anforderungen übereinstimmen und folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Die CE-Kennzeichnung der Ware darf auf Basis einer Selbsterklärung erfolgen, oder die Konformitätserklärung wurde von einer “Benannten Stelle” mit Sitz in der EU oder GB durchgeführt.
Der Brexit ist vollzogen, aber es gibt noch viel zu tun. Ob amtliche Schriftstücke, Vertragsunterlagen, Websites oder Rechtsakte von Gesellschaften (wie Satzungen und Gründungsurkunden) – die erforderlichen Fachübersetzungen sind vielgestaltig. Wir sind gerüstet, denn als zertifizierte Übersetzungsdienstleister mit umfangreicher Expertise und Erfahrung auf dem Gebiet der Rechts- und Finanzübersetzungen können wir zusammen mit unserem juristisch geschulten Expertenteam nicht nur Firmen, Anwälten, Gerichten und Behörden, sondern auch Privatpersonen eine wertvolle Unterstützung bieten.
Wir beraten Sie gerne.
