Was bedeutet „muttersprachliche“ Kompetenz und warum ist sie für Übersetzer*innen wichtig?

Auf der Startseite unserer t’works-Website werben wir stolz damit, dass unsere Sprachdienstleistungen „muttersprachliche Inhouse-Spezialisten [umfassen], die in mehr als 50 Sprachen übersetzen“. Andere Sprachdienstleister geben auf ihren Websites ähnliche Informationen an, und häufig wird der Begriff „Muttersprachler*innen“ verwendet. Natürlich stehen wir zu dieser Aussage und sind der festen Überzeugung, dass „muttersprachliche“ Kenntnisse für qualifizierte Übersetzer*innen, Korrektor*innen, Autor*innen und andere Rollen, die mit der Erstellung hochwertiger, professioneller Texte für einen internationalen Markt zusammenhängen, unerlässlich sind. Aber was genau meinen wir, wenn wir den Begriff „Muttersprachler*in“ verwenden? Was qualifiziert jemanden dazu, so beschrieben zu werden? Ist diese Eigenschaft immer für das Übersetzen notwendig? Welche Vorteile hat sie?
Native Speaker Competence by t'works

Auf der Startseite unserer t’works-Website werben wir stolz damit, dass unsere Sprachdienstleistungen „muttersprachliche Inhouse-Spezialisten [umfassen], die in mehr als 50 Sprachen übersetzen“. Andere Sprachdienstleister geben auf ihren Websites ähnliche Informationen an, und häufig wird der Begriff „Muttersprachler*innen“ verwendet. Natürlich stehen wir zu dieser Aussage und sind der festen Überzeugung, dass „muttersprachliche“ Kenntnisse für qualifizierte Übersetzer*innen, Korrektor*innen, Autor*innen und andere Rollen, die mit der Erstellung hochwertiger, professioneller Texte für einen internationalen Markt zusammenhängen, unerlässlich sind. Aber was genau meinen wir, wenn wir den Begriff „Muttersprachler*in“ verwenden? Was qualifiziert jemanden dazu, so beschrieben zu werden? Ist diese Eigenschaft immer für das Übersetzen notwendig? Welche Vorteile hat sie?

Viele Fragen, von denen Sie vielleicht vermuten, dass sie für Menschen aus der Sprachbranche leicht zu beantworten sind. Nicht immer jedoch! Hier in der Marketingabteilung von t’works haben wir kürzlich festgestellt, wie schwierig es ist, den Begriff „muttersprachliche“ Kompetenz genau zu erklären und klar zu vermitteln. Selbst denjenigen, die sich auskennen, fällt es schwer zu definieren, was „muttersprachlich“ bedeutet. Um eine eindeutige Definition für uns, unsere Kunden und alle anderen, die unseren Blog lesen, zu finden, haben wir beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen.

Problematischer Begriff

Das Cambridge Dictionary definiert einen „native speaker“ als „jemanden, der eine bestimmte Sprache seit dem Babyalter spricht und sie nicht erst als Kind oder Erwachsener gelernt hat“. Merriam Webster bietet folgende Definition: „eine Person, die die Sprache ihres Geburtsorts als Kind gelernt hat, anstatt sie als Zweitsprache zu erlernen.“

Aber was ist, wenn man in einem mehrsprachigen Haushalt aufgewachsen ist und von Geburt an noch eine weitere Sprache gelernt hat? Ab welchem Alter wird man vom „Baby“ zum „Kind“ und gibt es eine Altersgrenze, ab der man nicht mehr als „Muttersprachler*in“ bezeichnet werden kann? Was ist, wenn man eine Sprache in jungen Jahren lernt, dann aber in ein Land zieht, in dem diese Sprache nicht gesprochen wird und man sie aus irgendeinem Grund nicht mehr benutzt?

Die Vielzahl der Fragen deutet darauf hin, dass eine einzige, klare Definition schwer zu finden ist.

Der englische Begriff „native speaker“ (native: einheimisch oder Einheimischer) ist unzufriedenstellend und wird in der Wissenschaft kritisiert. Manche behaupten, dass das „Konzept historisch in nationalistischen Diskursen und kolonialen Systemen von Sprachen, Nationen und Völkern verankert ist“ und andere, dass es in der Sprachforschung „nicht hilfreich für eine präzise Theoriebildung und schädlich für marginalisierte Bevölkerungsgruppen ist“. Anders gesagt, kann dieser Begriff als ausgrenzend und als Hindernis für die Chancen von Sprecher*innen einer „zweiten“ Sprache interpretiert werden.

Das Institute of Translating and Interpreting nennt in seinem Berufskodex die alternativen Ausdrücke „mother tongue“ (wörtlich: Muttersprache) und „language of habitual use“ (Sprache des gewöhnlichen Gebrauchs); das Chartered Institute of Linguists verwendet „Muttersprache/Sprache des gewöhnlichen Gebrauchs“. Beide Institutionen bestimmen diese Begriffe näher, indem sie hinzufügen, dass Übersetzer*innen nur in eine Sprache übersetzen sollten, die sie in allen ihren Formen beherrschen. Die American Translators Association bevorzugt die Begriffe „native language“ und „native speaker“.

Dies zeigt uns, dass die Definition des Begriffs selbst in Fachkreisen nicht ganz einfach ist. Es deutet auch darauf hin, dass wir möglicherweise einen anderen Begriff entwickeln müssen, um das in gewisser Weise belastete Wort „native“ oder das langatmige „Sprache des gewöhnlichen Gebrauchs“ zu ersetzen. Könnte man von einer „natürlichen Sprache“ oder einer „instinktiven Sprache“ sprechen? Stoff zum Nachdenken.

Wie schätzen die Sprecher*innen selbst ihre Fähigkeiten ein? Wann fühlen sie sich als „Muttersprachler*innen“ und wann nicht?

Unser mehrsprachiges Büro

Wer in der Übersetzungsbranche tätig ist, arbeitet selbstredend mit mehreren Sprachen, und der internationale Charakter der t’works-Gruppe bedeutet, dass Mehrsprachigkeit die Norm ist, auch wenn man nicht direkt mit dem Übersetzen zu tun hat. Die Verfassern dieses Beitrags schämt sich ein wenig, zuzugeben, dass sie nur zwei Sprachen spricht, nämlich Englisch und Französisch, aber einer unserer Kollegen im Marketing spricht sechs Sprachen (!) und die Leiterin unseres Teams beherrscht vier. Als ich letztere kürzlich fragte, wie sie ihre eigenen Sprachkenntnisse einschätzt, erhielt ich folgende faszinierende Antwort:

„… meine einzige echte Muttersprache ist Russisch. Es ist die Sprache, die ich perfekt sprechen und schreiben kann, in der ich intuitiv alle Nuancen sofort erkenne und in der ich in allen möglichen Stilen schreiben und sprechen kann (von gehoben bis zum Slang). Im Ukrainischen bin ich eigentlich perfekt und habe keinen Akzent, aber ich habe kein wirkliches Gefühl für die Sprache. Und mein Deutsch ist fließend und fehlerfrei, aber ich habe einen leichten Akzent und auch kein wirkliches Gefühl für die Nuancen der Sprache …“

Natürlich spricht sie auch sehr gut Englisch, sonst könnten wir nicht zusammenarbeiten, aber diese Antwort zeigt uns, dass die einzige Sprache, für die sie auf allen Ebenen ein wirkliches „Gespür“ hat, Russisch ist – obwohl sie die beiden anderen Sprachen fließend beherrscht. Das legt interessanterweise nahe, dass sie nur in Russisch wirklich gern kreativ schreiben oder übersetzen würde.

Was macht also eine*n „Muttersprachler*in“ aus?

Ein „Gespür“ für eine Sprache zu haben, ist der Kern der Erklärung, was es bedeutet, „Muttersprachler*in“ zu sein. Es umfasst so viel mehr als nur den Umstand, eine Sprache von klein auf zu sprechen und sie bis ins Erwachsenenalter beizubehalten, auch wenn dies zweifellos notwendig ist. Muttersprachler*in zu sein bedeutet, diese Sprache verinnerlicht zu haben, sie im Kopf zu haben und ihre Feinheiten und Nuancen vollständig zu „spüren“. Man lebt und atmet diese Sprache und versteht sie weit über die Regeln der Grammatik und Rechtschreibung hinaus.

Für Übersetzer*innen ist die Sprache, für die sie ein derart tiefgehendes „Gespür“ haben, die Sprache, in die sie übersetzen, also ihre Zielsprache. Natürlich kennen sie auch die Ausgangssprache sehr gut (die Sprache, aus der übersetzt wird), können diese aber wahrscheinlich nicht auf dieselbe Weise schreiben oder sprechen.

Diese tiefgreifende Kenntnis einer Sprache ist auch das Tor zur Kultur und zu den Gebräuchen der Menschen, die sie sprechen, zu ihrem Humor, ihren Redewendungen, ihren kulturellen Bezugspunkten und ihrer Mentalität. Übersetzer*innen kennen alle diese Aspekte in ihrer Zielsprache und können in der Übersetzung Äquivalente finden, die den gleichen Effekt wie im Ausgangstext erzielen.

Zweck der Übersetzung

Das bringt uns zu dem Punkt, warum „muttersprachliche“ Übersetzer*innen in einem professionellen Kontext so wichtig sind. Eine Übersetzung existiert nie im luftleeren Raum, sie hat immer einen Zweck, und dieser Zweck geht über die Wörter auf einer Seite hinaus. Die Übersetzung muss informieren, erklären, verkaufen, werben und überzeugen. Kurz gesagt, die Übersetzung verfolgt ein Ziel, und der*die Übersetzer*in muss sicherstellen, dass dieses Ziel erreicht wird.

Ein tiefgreifendes Verständnis der Sprache und ihrer Funktionsweise auf allen Ebenen der Zielkultur ist unerlässlich. Vielleicht handelt es sich bei der Übersetzung um eine Hochglanzbroschüre, in der die Vorzüge des neuesten Produktangebots eines Unternehmens beschrieben werden. Vielleicht handelt es sich um ein juristisches Dokument, das in einer formalen, spezialisierten Form verfasst ist, oder sogar um eine sehr technische Gebrauchsanweisung für ein hochmodernes Gerät. In all diesen Fällen müssen der Tonfall und der Stil der Ausgangssprache exakt in der Zielsprache wiedergegeben werden, es darf keinen Raum für Zweideutigkeiten oder Missverständnisse geben. Es steht außer Frage, dass die Übersetzung ihre Funktion korrekt erfüllen muss, und das lässt sich am besten durch erfahrene und qualifizierte Übersetzer*innen gewährleisten, welche die Sprache in- und auswendig kennen.

Mehr als nur ein*e „Muttersprachler*in“

Und hier berühren wir einen weiteren wichtigen Punkt. „Muttersprachler*in“ zu ein, reicht nicht aus. Übersetzer*innen verfügen außerdem über umfangreiche und einschlägige Erfahrung und in der Regel über eine entsprechende Qualifikation. Darüber hinaus pflegen sie ihre „Muttersprache“ täglich und stellen sicher, dass sie mit der sich entwickelnden Terminologie und den kulturellen Veränderungen, die die geschriebene und gesprochene Sprache beeinflussen, auf dem Laufenden bleiben.

Die Norm ISO 17100 ist die Qualitätszertifizierung für die Kernprozesse, Ressourcen und weiteren Aspekte, die für die Bereitstellung einer qualitativ hochwertigen Übersetzungsdienstleistung erforderlich sind. Alle Sprachdienstleister sind bestrebt, diesen Qualitätsstandard zu erreichen und einzuhalten.

In der ISO 17100 sind sechs professionelle Kernkompetenzen aufgeführt, über die Übersetzer*innen, die für einen zertifizierten Sprachdienstleister arbeiten, verfügen sollten. Sie werden hier auf der Website des Institute of Translation and Interpreting genannt und verlangen von Übersetzer*innen kulturelle, fachliche, sprachliche und translatorische Kompetenz sowie Recherche- und Sachgebietskompetenz. Damit wird zwar die formale Definition einer sprachlichen Eignung vermieden, aber es wird deutlich, wie viele unterschiedliche Fähigkeiten Übersetzer*innen benötigen, um ihre Arbeit richtig auszuführen.

Gibt es Ausnahmen?

Es gibt jedoch auch Ausnahmen von der Regel, dass Übersetzer*innen die Zielsprache immer auf „muttersprachlichem“ Niveau beherrschen müssen. Es gibt einige wenige Fälle, in denen Flexibilität erforderlich sein kann.

Wenn die benötigte Sprache selten ist, kann es schwierig sein, „Muttersprachler*innen“ mit der richtigen Übersetzungskompetenz und Sprachkombination zu finden. Von den etwa 7.000 Sprachen, die es auf der Welt gibt, ist ein hoher Anteil vom Aussterben bedroht, und mit ihnen ein einzigartiges Erbe und kulturelles Wissen. Der Einsatz von Nicht-Muttersprachler*innen könnte dazu beitragen, diese seltenen Sprachen zu bewahren und zu pflegen, insbesondere in Hinblick darauf, eine bessere digitale Präsenz für sie zu schaffen.

Auch Fachkenntnisse zu einem Thema können ein triftiger Grund für den Einsatz von „nicht-muttersprachlichen“ Übersetzer*innen sein. Der Ausgangstext kann Nischenvokabular oder hochgradig technisches Vokabular enthalten, das nur jemandem mit Fachwissen zugänglich ist. Auch hier könnte ein*e „Nicht-Muttersprachler*in“ eingesetzt werden, vielleicht gemeinsam mit einem „muttersprachlichen“ Linguisten als Korrektor.

Das Vorgehen von t’works

Alles in allem muss es jedoch eine Voraussetzung bleiben, „Muttersprachler*in“ zu sein, um eine Übersetzung anzufertigen, die in der Zielkultur auf dieselbe Weise funktioniert wie das Original. Der Begriff an sich ist vielleicht nicht der geeignetste, aber im Moment ist er der einzige, den wir haben, und entscheidend ist die Bedeutung dahinter. Ein*e Übersetzer*in sollte ein Gespür für die Sprache in all ihren Formen und Nuancen haben. Diese Eigenschaft, gemeinsam mit dem Erfahrungsschatz und den anderen Fähigkeiten, über die wir gesprochen haben, zeichnet qualitative, vertrauenswürdige Übersetzer*innen aus, die einen Text so reproduzieren, wie er gemeint war. Bei t’works garantieren wir, dass unsere Übersetzer*innen über all diese Eigenschaften verfügen und ihre Übersetzungen immer den richtigen Ton treffen.

Ihr(e) persönliche(r) Ansprechpartner:in

Nadine Kubinka

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